Szenen einer Ehe Teil 430
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Wie bereits angekündigt werden wir Euch im Onlinezine in loser Folge auch mit literarischen Ergüssen hoffnungsvoller Nachwuchstalente beglücken… Fast schon ein alter Haudegen ist der Dirty Old Man from Vorstadt Meia, dem wir hier eine kleine Reihe widmen wollen. Wem der Inhalt bekannt vorkommt: die Geschichten wurden teilweise schon im Suburbia veröffentlicht. Ob man aber nach langen Jahren ein Wiedersehen mit Manuela und Heinz erlebt oder ob man als Erstkonsument die Zeilen verschlingt, man ist gleichermaßen gefesselt. Das heilige Sakrileg der Ehe, so wie es nur chronische Nörgler und Zyniker sehen können, Vorhang auf für:
Maria Hellwig presste ihren übergroßen, fast das enggeschnürte
Dirndl zum platzen bringenden, Busen von innen gegen die Mattscheibe des Fernsehers
und lächelte einladend. Schmatzend zerkaute Heinz zwei Salzstangen, spülte einen
Schluck Bier hinterher und seine rechte Hand fuhr auf der Suche nach einer geringfügigen
Störung der Feierabendruhe über das weiße Unterhemd. In der freiliegenden Achselhöhle
fanden seine Finger die juckende Stelle, Heinz kratzte sich ausgiebig und roch
in einer unbewussten Angewohnheit danach an den Fingerspitzen.
"irgendwo muss hier doch etwas über Penisneid drinstehen!" dachte Manuela verzweifelt
und blätterte
wie wild in einem brandneuen Buch, dass sie auf Lieselottes anraten hin erworben
hatte. "das wird dir bestimmt weiterhelfen..." hatte sie gesagt, nachdem Manuela
in einem Gespräch unter vier Augen ausgiebig von ihrem neuen Problem erzählte.
In letzter Zeit häuften sich ihre krampfhaften, fast fiebrigen Anfälle von bohrendem
Penisneid und machten es ihr fast unmöglich, längere Zeit an einem belebten
Ort zu verbringen. Manuela dachte kurz an ihren abgebrochenen Friseurbesuch
zurück, als eine besonders heftige Neidattacke sie aus dem Laden trieb, ihren
Plan einer neuen Dauerwelle brutal durchkreuzte und sie war froh darüber, ihrem
Gatten Heinz nichts von diesem Ereignis erzählt zu haben.
Aus den Lautsprechern des Fernsehers drangen lustig gejodelte Volkslieder, ein
bunter Potpourri vorgetragen von den Eierberger Sackharfen, wie Manuela mit
einem raschen Aufblicken erkennend feststellte. Ihr Blick ruhte für eine Sekunde
auf Heinz, der wie immer regungslos aus den Fernseher starrte und huschte dann
wieder suchend über die Zeilen.
"du Heinz, hier stehen ja vielleicht Sachen drin..." sprach sie laut ihren Gatten
an, als sie eine besonders interessante Passage entdeckte.
Heinz stieß einen desinteressierten Brummlaut aus, der Manuela aber nicht an
weiteren Ausführungen hinderte.
"hier wird sogar erklärt warum Leute wie du nichts wegwerfen können, du bewahrst
ja alles auf, sammelst sogar die Bildzeitung und das ist wegen...moment, wo
war das noch...ach hier, also das ist wegen weil du mal ne anale Phase hattest..."
"anale Phase...." schnaubte Heinz empört, "komm mir bloß nicht damit! Was hast
du dir bloß da wohl wieder für einen mistigen Schmöker gekauft?"
Aufgrund des Reizwortes wandte sich seine Aufmerksamkeit von dem Fernseher ab
und er musste wieder an jene schrecklichen Tage vor knapp fünf Jahren zurückdenken,
als Manuela es sich in den Kopf gesetzt hatte, ihrem Eheleben neuen Schwung
zu verleihen. "ich habe jetzt das Kamasutra!" jubelte Manuela und Heinz dachte
an ein exotisches Magenleiden, bis Manuela ihm ein Taschenbuch unter die Nase
hielt. Dieses Buch enthielt hauptsächlich dünnstrichige Zeichnungen bestialisch
verschlungener Leiber und was das für ihn bedeutete, musste Heinz noch am gleichen
Abend schmerzhaft erfahren. Den Rest der Woche machte Heinz in der Fabrik freiwillig
Spätschicht und zusätzliche Überstunden, damit er bloß spät genug nach Hause
kam. Am darauffolgenden langen Wochenende konnte er sich allerdings nicht mehr
hinter Überstunden verstecken und war Manuela´s Ehelebenbelebungsversuchen wehrlos
ausgeliefert. Nach langen Stunden brutalster Verrenkungen, dreier Nackenkrämpfe
und eines Bandscheibenvorfalles reichte es Heinz dann entgültig, er sprach ein
Machtwort und die beschissene Eheberatungslektüre wurde noch am gleichen Abend
von ihm höchstpersönlich in der Altpapiertonne verscharrt....
Angesichts dieser Erinnerungen richteten sich seine Brusthaare schaudernd auf
und Heinz blickte seine Gattin an.
"was ist das denn nun für ein Scheißbuch?" fragte er erneut.
"oh..das ist von einem Doktor, Doktor Freud heißt der, und der ist Pschüsch...Pschüüüü...Pschüüülo...."
"Psükopath!" korrigierte Heinz bereitwillig und dachte an die wissensfördernde
und lehrreiche Bildzeitungslektüre am morgen.
Seine Frau nickte bestätigend, ignorierte ihn dann wieder und blätterte selbstversunken
weiter.
"de Negscher escht de Bämbel Bambel" nuschelte Heinz Schenk unverständlich und
debil in Millionen couchgarniturverstopfter Wohnzimmer und Heinz Faßbender,
Industrie-Werker, trank seine Bierflasche in einem Zuge leer. Das Publikum klatschte
begeisterst und gedämpfter Applaus umwehte Heinz, als er auf seine Gattin schaute,
die keinerlei Anstalten machte sich zu erheben und eine neue Flasche aus dem
Kühlschrank heranzuschleppen.
Heinz wartete eine Minute und trottete dann selbst in die Küche.
" scheiß anale Phase..." brummte er halblaut als er das Wohnzimmer mit einer
geöffneten Flasche Bier erneut betrat und auf den Lockenwickler gekrönten Kopf
von Manuela blickte.
Gewichtig ließ er sich in den Sessel fallen.
"die hast du aber gehabt!" stellte Manuela fest, "im alter von ein oder zwei
Jahren, steht hier..."
"ein oder zwei Jahren!" knurrte Heinz voller Unverständnis, "waren wir da schon
verheiratet? Glaube
nicht, oder? Du kannst dich wohl an nichts erinnern? Das war vor fünf Jahren,
als ich den Bandscheibenvorfall hatte..."
"nein, als Kind von ein oder zwei Jahren!"
"damals musste ich noch nicht solche perversen Sachen machen"
"ach Heinz, glaub mir doch mal irgendwas!"
"sei jetzt ruhig, ich will fernsehen!" beendete Heinz die Diskussion autoritär
und konzentrierte sich wieder auf das Gerät.
Manuela verstummte und Heinz genoss in Ruhe das Lied `Ewige Liebe' von den Darmstädter
Darmflöten.
"du willst in den Mutterleib zurück" sagte Manuela plötzlich und ansatzlos zwei
Minuten später.
"was will ich?"
"in den Mutterleib zurück"
"wieso denn das jetzt auf einmal? Ich will in Ruhe fernsehen, verdammt nochmal!!"
glomm langsam aber sicher etwas Ärger in Heinz Bewusstsein auf.
"hier steht", dozierte Manuela ihr neues Wissen, "dass der Mann immer von dem
Drang besessen ist, in den Mutterleib zurückzukehren. Da dies aber nicht mehr
möglich ist, da die Mütter mittlerweile viel zu alt oder tot sind und die Männer
zu groß, suchen sie sich als Ersatzbefriedigung andere Orte. Manche weigern
sich ihre Autos zu verlassen oder andere fühlen sich nur in geschlossenen Räumen
richtig wohl. So einer bist du auch, du freust dich ja immer so wenn du nach
Feierabend endlich im Sessel sitzen kannst..."
"ja, in einem Sessel und nicht in einer Gebärmutter...."
"das liegt an deiner Erziehung, du bist dazu erzogen worden dich selbst zu täuschen"
"wer sich hier ständig selber täuscht ist ja wohl klar. Wär wirklich besser
wenn du nicht so viel psükopathischen Schrott lesen würdest, kommst davon ja
nur auf dumme Gedanken!"
"aber Lieselotte sagt der Doktor Freud ist sehr berühmt und hat auch schon viele
Preise bekommen!" verteidigte sich Manuela.
"Lieselotte hat ne Meise!" rief Heinz und seine Stimme hob sich vor Ärger, "die
sollte sich lieber mal um ihre verzogenen Blagen kümmern statt dir ständig solche
Flöhe ins Ohr zu setzen. In den Mutterleib zurück, pah, das ich nicht lache,
ich geh in zehn Jahren in Rente, warum soll ich da in den Mutterleib zurück
wollen? Und die Wohnung als Ersatzbefriedigung....so ein Quatsch! Sieht unsere
Wohnungstür aus wie eine Mumu? Könntest die höchstens mal ordentlich putzen
und nicht den ganzen Tag so einen Scheiß lesen. Und wie ist das wenn ich mal
rausgehe, Zigaretten ziehen oder zur Schicht? Ist das dann für mich immer wie
eine Geburt? Mit dem Kopf zuerst über die Schwelle, dann die eine Schulter dann
die andere...."
"im gewissen Sinne schon, schau mal du bist immer schon ein wenig nach vorne
gebeugt gegangen, und nach deinem Bandscheibenvorfall hat sich das eher verschlimmert..."
erwiderte Manuela schwach.
"ach du bist doch völlig übergeschnappt!!!" brüllte Heinz und griff zum Bier.
Seine Stirn lag in tiefen Falten als er sich einen langen Schluck in den Hals
schüttete und dabei ein Bierrinnsal langsam am Mundwinkel herunterlief und auf
das Unterhemd tropfte. ´so ein Schwachsinn...` dachte er, ´ wenn ich wirklich
in den Mutterleib zurückwollte, müsste ich mich doch an einen Grund erinnern.....weiß
davon nix....normalerweise heißt es ja, dass bei verblassender Erinnerung nur
die guten und die besonders schlechten Dinge im Gedächtnis bleiben, aber da
ist überhaupt nichts.....blöde Kuh....Wohnung als Ersatzbefriedigung...watten
Quatsch...glaube nicht das es im Mutterleib dermaßen nach altem Frittenfett
gestunken hat wie heute Abend, müsste ich mich doch dran erinnern können...."
"ich hoffe sie hatten heute Abend ein wenig Spaß gehabt!" jodelte Maria Hellwig
samt alternder Tochter und presste ihre Brüste an die Kamera.
Manuela schluckte eingeschüchtert und schaute erneut in das aufgeschlagene Buch,
startete einen letzten Versuch, ihren Ehegatten für psychopathische Grundlagen
zu interessieren.
"außerdem willst du an die Brust der Mutter zurück..." plapperte sie eine weiteren
These ihrer Lektüre nach.
"watt???" fauchte Heinz, der im Geiste schon Stricke für Lieselotte, Doktor
Freud und Kamasutra knüpfte.
"du denkst immer nur an dicke Brüste, hast du auch schon früher gesagt, und
wenn ich sehe wie du die von der Hellwig anstarrst weiß ich genau, dass du immer
noch so denkst. Dicke Brüste vermitteln dir Geborgenheit und Wärme, dieses Gefühl,
dass du als Säugling erfahren hast...."
Das Fass von Heinz lief entgültig über.
halt jetzt endlich mal die blöde Fresse und lass mich in Ruhe!" brüllte er und
schaltete um.
Ein gelbgesichtiger Nachrichtensprecher grinste ihn gequält zähnebleckend an
und Heinz griff wütend zum Bier.
"irgendwo muss hier doch was über Penisneid stehen...." dachte Manuela ihren
Gatten vergessend und blätterte weiter.
The Meia