A-Bombers Old Style Weekend # 7

Es gibt Menschen, die fahren von Süddeutschland nach Schweden, um sich angesichts völlig überalteter und entgegen jeglicher Fahrvernunft ausgebauter Kraftfahrzeuge zu betrinken. Das erschütternde Protokoll eines Wochenendes unter Halbstarken, von Auslandkorrespondent Sören.

Endlich war es soweit! Nach Las Vegas sollte nun die zweite große Show mich blenden, auf nach Schweden. Die Organisatoren waren mir aus Hemsby (UK) sehr bekannt und machten mir die Entscheidung um einiges leichter, da der Weg "to Hot Rod Heaven" doch weit und steinig ist, zumindest aus Süddeutschland. Donnerstag Abend wurde der Alkohol in der doppelten Wand im Auto noch schnell versteckt, ab auf die Autobahn. In Bayreuth noch einen Typ von der Mitfahrzentrale eingepackt, den ich nur unter der Androhung verschiedener Kraftausdrücke davon abhalten konnte, sein 4 Meter langes Kanu mitzunehmen. Diese Beleidigung meiner Reisegastfreundschaft wurde bis Berlin mit sämtlichen CD´s von Johnny Cash bestraft und als ich dann in Sassnitz (Rügen) nachts an der Fähre nach Trelleborg gefragt wurde, ob ich noch etwas anderes außer Country hätte, wechselte ich konsequent auf Western Swing. Die Reisebegleitung wurde leicht verstört in Göteborg rausgeschmissen und Uddevalla wurde so gegen Mittag erreicht. Allerdings musste ich feststellen, dass noch keine Sau angereist war. Selbst die Crew, die bei mir am Mittwoch mit 49´er Ford und Chevy losgeknattert war, muss ich irgendwo im Halbschlaf überholt haben. Also erstemal pennen. Gegen 18:00 Uhr wurde ich aus meinen Träumen gerissen die sich zwischen Arbeit und Pornographie abspielten. Ich musste befriedigt feststellen, dass es langsam los ging in Thors und Odins Heimat. Es ist zu erwähnen, dass nur Kars und Motorcycles ab 1956 und älter zugelassen wurden, dementsprechend war Vintage Style angesagt. Das Ganze spielte sich im freien im Wald ab und war so ganz nach meinem Geschmack: Hot Rods, Kustoms, natürlich alles in einem wunderschönen matten Schwarz, wahlweise gesprüht oder dezent gerollt. Bands wie "The flying Phantom & his Flaming Stars" und "Green Kryptonite" rockten die Bühne rauf und runter und verleiteten das ein oder andere "StarkÖl" in meine Kehle. Um Mitternacht war es dann endlich richtig dunkel und um 03:00 Uhr musste ich immer noch stark alkoholisiert feststellen, dass der Morgen schon dämmerte. Der nächste Tag wurde mit dem einzigartigen "Hillclimb Race" um 14:00 Uhr belohnt. 32 Fahrzeuge (8 Hot rods, 8 Kustoms, 8 Motorcycles, 8 Stock Kars) kämpften in zwei Anläufen um die beste Zeit beim Erklimmen eines Hügels, natürlich auf Schotter. Bewaffnet mit diversen Alkoholika, sicherte ich mir einen Platz in einem toten Winkel einer spektakulären Endkurve und schon ging der Wahnsinn los. Der "Hillclimb Race" ist für alle zugänglich, die nach skandinavischen Maßstäben nüchtern sind und das entsprechende Fahrzeug vorweisen können. Die Berliner (Finsterwalde) Crew überzeugte durch gute Zeiten und wahrscheinlich die lustigste Anreise. Zwischen "StarkÖl" und "Moonshine" (selbst gebranntes lokales stark alkoholisches Erzeugnis) rockten "Jack Baymoore & the Bandits" und die legendären "Ray Collins Hot Club". Das Publikum bestand natürlich aus vielen Skandinaviern, ein par "Brits", wenigen versprengten Deutschen und 2 Amerikanern, insgesamt so ca. 800 Verrückte. Die beiden Amis überzeugten mich mit ihrer Einstellung: einer hatte 60.000 Dollar bei einem Preisausschreiben gewonnen, kurzerhand gekündigt und mit einem Kumpel wurden nun alle Meetings in Europa abgeklappert. Ich musste mich leider betroffen entfernen, als ich feststellen musste, dass es in Tennessee nicht üblich war, enorme Massen von Alkohol in der Öffentlichkeit zu konsumieren, Harnstoff in der Natur vor Publikum abzuschlagen und Mageninhalte unter Gejohle der Gäste in die Pampa zu befördern. Ein Finne namens Ari hatte da schon mehr Verständnis für mich und versuchte mir zu erklären, welche nicht existente TÜV Regeln es hier gab, aber angesichts meines Zustandes blieb es beim Fachsimpeln über Motoren, Zündkerzen, Primer-looks, und optimale Benzingemische unter der Berücksichtigung der Promillezahl des Fahrers bei illegalen Quartermiles. Ein 40'er Leichenwagen samt Schaufensterpuppe im Laderaum überzeugte durch dezenten Brandschaden und verwunderte mich, dass es noch fahrtüchtig war. Thor und Odin hatten allerdings beschlossen, mich aus Walhalla auszuweisen und so musste ich die Rückreise am Sonntag so früh antreten, damit ich Montag wieder pünktlich am Platze war. Die Frage eines Arbeitskollegen, was ich denn so am Wochenende gemacht habe und wo ich gewesen bin, beantwortete ich mit: "Ach, nix besonderes, das Übliche halt".

Sören